Hingabe an Gott
Karl Hörmann
Lexikon der christlichen Moral

LChM 1969, Sp. 623 f


1. Den innern Akt der Gottesverehrung nennen wir H. a. G. (lat. devotio; nahe ist damit eine andere Bedeutung dieses Ausdrucks verbunden, näml. Andacht). Wir meinen damit jenen Willensakt, mit dem wir uns unmittelbar auf die Ehrung Gottes ausrichten (vgl. Thomas v. A., S.Th. 2,2 q.82 a.1, a.2), gleich jener Erklärung Christi an den Vater beim Eintritt in die Welt: "Siehe, ich komme, deinen Willen zu tun, o Gott" (Hebr 10,7). Diese Hingabe ist nicht Regung des Gefühls allein, sondern Einsatz des ganzen Menschen, der im Willen zusammengefaßt wird (vgl. Thomas v. A., S.Th. q.82 a.1 ad 3). Aus dem Akt, bes. aus seiner wiederholten Setzung, ergibt sich die Lebenshaltung der H., deren vollkommenstes Vorbild wir in Jesus finden: "Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, u. sein Werk zu Ende zu führen" (Joh 4,34; Nachfolge Christi).

Es läßt sich leicht einsehen, daß die H. eine Betätigung der Liebe zu Gott ist, u. als solche durch den Einfluß der Gnade zustande kommt. "Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zieht" (Joh 6,44; vgl. Thomas v. A., S.Th. 2,2 q.82 a.2 ad 1.2; a.3). Alles, was zur Liebe anregt, hilft auch zur H.. Diese ist Entfaltung des Glaubens u. mit dem innern Akt des v. der Liebe beseelten Gehorsams gegen Gott gleichzusetzen.

Wenn die H., für die das Wollen entscheidend ist, ganzmenschl. verwirklicht wird, erfaßt sie auch den Bereich des Gefühls u. weckt dort vor allem Freude an Gott u. an der Erfüllung der göttl. Absichten u. Trauer über das menschl. Versagen in der Ehrung Gottes (vgl. Thomas v. A., S.Th. 2,2 q.82 a.4). Das mit der H. verbundene Gefühl tröstlicher Freude darf als Teil der menschl. Existenzerfüllung nicht abgewertet (D 2227 [1247]), freil. auch nicht überbewertet werden, als ob darin u. nicht in der Willenshaltung das Wesentliche der H. bestünde. Die H. kann auch ohne Trost echt u. wertvoll sein, ja Gott kann den Trost gerade zur Läuterung der H. entziehen.

2. In der H. stimmen wir dem Verlangen Gottes, durch uns verherrlicht zu werden, zu. Diese Ehre will Gott durch Verwirklichung jener Gemeinschaft der Liebe mit ihm finden, für die er uns in Gnade bestimmt hat. H. bedeutet die Bereiterklärung für unsere wesentl. Bestimmung. Damit wird klar, daß sie zu unserem Heil notwendig ist: Ohne sie kann sich der Sinn unseres Daseins nicht erfüllen.

Es ist selbstverständl., daß alle äußeren Akte der Gottesverehrung ohne die innere H. leer bleiben u. zur Sinnerfüllung des menschl. Lebens nichts nützen.


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