Weg
Karl Hörmann
Lexikon der christlichen Moral

LChM 1976, Sp. 1699-1701


Die Offenbarung gebraucht für das menschl. Leben das Bild vom Wandern auf einem W. Das Leben geht vorüber, bleibt nicht, soll aber zu einem immerwährenden Ziel führen; der Mensch hat die Pflicht, im irdischen Leben unablässig dem Endziel zuzustreben.


1. Jesus legt dar, daß der Mensch zw. verschiedenen W.en wählen kann: Auf der einen Seite steht ihm der breite W. offen, der ins Verderben führt, den viele betreten, auf der anderen Seite die enge Pforte u. der schmale W., der zum Leben führt, den nur wenige finden (Mt 7,13 f). Dem Menschen ist von Gott das Leben zugedacht (Bestimmung). So kann es für die Erfüllung seines Schicksals nicht gleichgültig sein, welchen von beiden W.en er geht; Jesus fordert: "Tretet ein durch die enge Pforte" (Mt 7,13). Jesu ganzes Wirken zielt darauf hin, auf diesen W. zu führen. Schon sein Vorläufer Johannes der Täufer war auf diesem W. gegangen u. hatte ihn gelehrt, hatte freil. bei den Hohenpriestern u. Ältesten keinen Glauben gefunden (Mt 21,32). Das NT läßt keinen Zweifel daran, daß nur der von Jesus gelehrte W. den Menschen zur Erfüllung seiner Bestimmung od. zum Heil führt; wer diesen W. ablehnt, gerät ins Verderben (Mt 7,13 f; vgl. 7,19; 25,46; Joh 5,29).

Auch im sog. Barnabasbrief wird der W. des Lichtes dem der Finsternis (18-21) u. in der "Lehre der zwölf Apostel" (Didache) der W. des Lebens dem des Todes (1-6) gegenübergestellt.


2. Das NT sagt klar, daß der W. des Heiles von der Person Jesu Christi nicht getrennt werden kann: "Ich bin der W. ... Niemand kommt zum Vater außer durch mich" (Joh 14,6). Dies ist nicht nur so zu verstehen, daß Jesus durch sein Wort über den W. im gesamten u. in Einzelheiten Auskunft gibt (Neutestamentl. Gesetz); darüber hinaus bietet er das vollkommenste Vorbild, wie dieser W. zu gehen ist, u. gibt er auch die Kraft dazu (Nachfolge Christi). Da aber der Vater, das Ziel dieses W.es, im Sohn ist (vgl. Joh 14,10 f), kann man sagen, daß Christus W. u. Ziel zugleich ist, "Gott, zu dem der W. führt, u. Mensch, über den er führt" (Augustinus, De civ. D. XI 2; PL 41,318).


3. Schon in der Urzeit wurde es übl., vom Christentum als einem W. zu sprechen: Nicht unverbindl. Wissensbereicherung will es sein, sondern praktische Anweisung für das Gehen zu einem Ziel. Saulus erhält die Vollmacht, Männer u. Frauen "dieses W.es" in Damaskus festzunehmen (Apg 9,2), u. verfolgt "diesen W. bis auf den Tod" (Apg 22,4), dient aber später selbst dem Gott seiner Väter "gemäß diesem W." (Apg 24,14) u. predigt diesen von anderen gelästerten u. bekämpften W. (Apg 19,9.23; vgl. 24,22).


Zurück zum Index