Streik
Karl Hörmann
Lexikon der christlichen Moral

LChM 1969, Sp. 1161 f


Unter S. versteht man die verabredete gemeinsame Arbeitseinstellung der Arbeiter eines Betriebes. Durch die drohenden Verluste soll der Arbeitgeber gezwungen werden, die Forderungen der Arbeiter zu erfüllen. Das sittl. Urteil über das Vorgehen derer, die einen S. organisieren od. an ihm teilnehmen, hängt v. ihren Zielen, v. der konkreten Lage u. v. den angewandten Mitteln ab.

Der wesenseigene Zweck des S.s ist die Erreichung besserer Arbeitsbedingungen. Wenn ein Arbeitsvertrag (wegen zu geringen Lohns, übermäßiger Arbeit, Vorenthaltung der Feiertagsruhe, gefährl. Arbeitsbedingungen) ungerecht ist, darf schon vor Ablauf seiner Geltungsdauer gestreikt werden. Gegen einen gerechten Arbeitsvertrag darf während seiner Dauer nicht gestreikt werden, wohl aber nachher zur Erlangung besserer Bedingungen, wenn nicht maßlose Forderungen erhoben werden. Zur Durchsetzung politischer Ziele ist der S. nur dort gerechtfertigt, wo er den Charakter des politischen Widerstandes gegen eine Regierung hat, die sich nicht an die gerechte Verfassung hält, jedoch nicht dort, wo die Ziele nicht einwandfrei sind u. deshalb auf verfassungsmäßigem Weg nicht erreicht werden können. Zur sittl. Beurteilung des S.s ist ferner darauf zu achten, ob die dabei verfolgten guten Zwecke so bedeutend sind, daß sie ein hinreichendes Gegengewicht zu den Schäden bilden, die durch den S. heraufbeschworen werden. Diese Frage ist umso gewissenhafter zu prüfen, je größeren Umfang der S. annimmt; am dringlichsten stellt sie sich für den Generalstreik. Die Verantwortung gegenüber jenen, denen aus dem S. Schaden droht, verlangt, daß zur Beilegung eines Konflikts zwischen Arbeitgebern u. Arbeitnehmern zuerst alle weniger bedenkl. Mittel versucht werden (Verhandlungen, Schiedsgerichte).

Auch beim S. zu wichtigen guten Zwecken geht es nicht mit rechten Dingen zu, wenn dabei ungerechte Mittel (Gewalt, Drohung, Lug u. Trug) angewandt werden, etwa wenn Arbeitswillige durch solche Mittel zur Teilnahme am S. gebracht werden.

Wer durch ungerechte S.maßnahmen Schaden anrichtet, ist grundsätzl. zur Wiedergutmachung verpflichtet.

Man kann der Staatsgewalt das Recht nicht absprechen, einen ungerechten S. wegen seiner unguten Folgen für das Gemeinwohl zu unterdrücken. Freil. muß sie reifl. überlegen, ob eine solche Maßnahme unter den gegebenen Umständen als ratsam erscheint. Auf jeden Fall hat der Staat durch seine Wirtschafts- u. Sozialgesetzgebung auf eine Vermeidung v. Konfliktsituationen hinzuwirken.


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