Reliquien
Karl Hörmann
Lexikon der christlichen Moral

LChM 1969, Sp. 1022-1024


1. R. im engeren Sinn sind Überreste v. Leibern verstorbener Heiliger od. Seliger, im weiteren Sinn ihre Gebrauchsgegenstände od. Dinge, mit denen ihre Leiber berührt wurden. Als R. des Herrn können Dinge, mit denen er zu tun hatte, vor allem das hl. Kreuz, ja sogar die hl. Stätten bezeichnet werden (vgl. Thomas v. A., S.Th. 3 q.25 a.4 ad 3).

2. R.verehrung ist geziemend, da es einem Zug allg. menschlicher Pietät entspricht, die Überreste verehrter u. geliebter Menschen in Ehren zu halten. Der Christ darf das Recht dazu hinsichtl. derer in Anspruch nehmen, die im Reich Gottes groß sind (vgl. Augustinus, De civ. Dei I 13, PL 41,27).

Die R. werden nicht in sich geehrt, sondern wegen der Personen, zu denen sie in Beziehung stehen ("cultus relativus personae", CICc. 1255 §2); ihre Verehrung gilt also Christus od. den Heiligen, die in ihren Leibern Gott dienten, Tempel u. Werkzeuge des Hl. Geistes waren u. in der Auferstehung an der Herrlichkeit des verklärten Christus teilhaben sollen. R.verehrung ist so mittelbare Gottesverehrung. "Wir ehren die R. der Märtyrer, um jenen anzubeten, dessen Märtyrer sie sind. Wir ehren die Knechte, damit die Ehre der Knechte auf den Herrn überfließe" (Hieronymus, Ep. 109, PL 22,907).

Christl. R.verehrung reicht bis ins Altertum zurück. "So sammelten wir später seine Gebeine, die kostbarer sind als Edelsteine u. ansehnlicher als Gold, u. bestatteten sie irgendwo, u. es war geziemend" (Martyrium Polycarpi 18,1). Die zeitweilige Übertreibung der R.verehrung sagt nichts gegen deren Berechtigung, für die die Kirche immer wieder eingetreten ist (D 603 1269 1822 1867 [304 679 985 998]; 2. Vat. Konz., Sacrosanctum Concilium 111; CICc. 1255 §2). Freil. empfiehlt die Kirche die R.verehrung, ohne sie jemandem vorzuschreiben. Ihre Weisungen gehen eher dahin, Mißbrauch u. Ehrfurchtslosigkeit fernzuhalten. Vor allem trifft sie Vorkehrungen gegen die Verehrung unechter R. (cc. 1283-87) sowie gegen den Verkauf echter R., ihre Verunehrung, Vernachlässigung od. ungeziemende Aufbewahrung (c. 1289). Besonders besorgt ist sie um die Erhaltung hervorragender R. u. solcher, die in einer Kirche vom Volk sehr verehrt werden (c. 1281 f).

3. Der geziemenden Verehrung der R. läuft die grundsätzl. Ablehnung dieser Verehrung zuwider, ferner die ehrfurchtslose Behandlung der R., im besonderen jede Unwahrheit auf dem Gebiet der R.verehrung.


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